Freitag, 13. Juli 2018

Bestandesführung intensives Grünland im Milchviehbetrieb


Pflege und Bestandesführung für intensives Grünland im Milchviehbetrieb

Autor: Dipl.-Ing. Johann HUMER

Für leistungsstarke Milchviehbetriebe sind sehr gute Wiesenfutterqualitäten eine unverzichtbare Voraussetzung für hohe Milchleistungen. Der Vergleich der Entwicklung der Milchleistungen mit der Entwicklung der Futterqualitäten der Wiesen zeigt, dass die Futterqualität vieler Wiesen dieser Voraussetzung nicht gerecht wird. Erst sorgsam ausgewählte Zuchtsorten von Gräsern versprechen beste Qualität und Erträge aus dem Grundfutter. 


Boden, Saatgut, Pflanzenbestand, Düngung und richtige Umgang mit dem Boden sind das wertvollste Kapital, das jeder Landwirt selbst in der Hand hat. Er kann entscheiden wie er diese Kardinalfaktoren einsetzt. Zur rechten Zeit eingesetzt sind sie die wichtigsten Helfer. Speziell im intensiv geführten Milchviehbetrieb muss man der abnehmenden Selbstverjüngungskräfte der Wiesennarbe und damit der Ertragsleistung der Wiesen nachhaltig Aufmerksamkeit schenken. Die immer frühere Nutzung zwecks Steigerung der Energiegehalte im Futter verhindert den natürlichen Samenausfall der Futterwiesen. Zudem sollte er auch aus wirtschaftlichen und tiergesundheitlichen Gründen und klimabewusst agieren. Das heißt konkret: möglichst wenig Kraftfutter und möglichst viel selbst produziertes Grundfutter einsetzen. 

Beste Genetik ist der Standard bei der Hochleistungsstrategie bei Hochleistungskühen. 

Die Hochleistungsstrategie mit bester Genetik muss daher auch bei eigenem Wiesenfutter, in Form neuester und leistungsstarken Zuchtgräser und hoher Energiedichte eine Selbstverständlichkeit sein. Wildpflanzen, Unkräuter oder Ungräser wie sie noch großteils auf Wiesen wachsen, erfüllen die hohen Futterqualitätsansprüche im höchsten Milchleistungsbereich nicht mehr.

Der eigene Pflanzenbestand – das A und O in der Futterqualität

Im ersten Schritt ist es selbstverständlich notwendig die auf den eigenen Wiesen wachsenden Pflanzenarten zu erkennen und über ihre Eigenschaften wie bei allen Werkzeugen BESTENS BESCHEID zu wissen. Höchstes Augenmerk ist auf die wertvollen Futterpflanzenarten zu legen, weil sie das beste und ertragreichste Futter produzieren. Dazu zählen: 

l Englisches Raygras, l Rotklee, l Knaulgras, l Glatthafer und l Goldhafer.

Liefert der eigene Pflanzenbestand beste Erträge und Spitzenqualitäten, umso mehr Kraftfutter wird eingespart. Das A und O in der eigenen Futterproduktion ist daher ein hochenergetischer und ertragreicher Pflanzenbestand. Für beste Erträge ist es unumgänglich über alle unerwünschten Pflanzenarten (Unkräuter, Ungräser) und ihre Bekämpfung bestens informiert zu sein. Unerwünschte Pflanzenarten sollen wertvollen Gräsern keine Futterfläche rauben. Wenn ein Grünlandwirt all seine Wiesenpflanzen kennt, geben ihm oft auch Zeigerpflanzen wertvolle Hinweise. Die LK bietet für diesen Zweck allen Grünlandwirten ihr Expertenwissen an und veranstaltet auch Wiesenbegehungen wo in kleinen Gruppen dieses Wissen praxisgerecht vermittelt wird. 





Die Top-Futtergräser im Milchviehbetrieb

Dabei geht es um die leistungsfähigsten Gräser im intensiv geführten Grünland für die produktionsorientierten Milchviehbetriebe. Wo diese Topfuttergräser fehlen, ist zu überlegen wie man sie in den Bestand einbringt, fördert und begünstigt. Produktiv geführte Futterwiesen mit viel Biomasse verdrängen die unerwünschten Pflanzenarten auf den Wiesen durch ihren enormen Platzbedarf. Die Strategie hoher Futtererträge hat folgenden Nutzen: Spitzenertrag, hohe Energiedichte und rasche Entwicklung nach der Saat, früher Ertrag, Unkrautunterdrückung durch starke Bodenbedeckung, intensive Durchwurzelung, Schutz von Nitrataustrag, maximale klimaschondende CO2-Bindung. Gute Erträge erfordern eine angemessene Nährstoffversorgung. Speziell Wirtschaftsdünger sollen verlustarm eingesetzt werden. 

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Für beste Erträge und Futterqualitäten braucht man die Biodiversität dieser besten Futterpflanzen: l Englisches Raygras l Rotklee lKnaulgras l Glatthafer und 



l Goldhafer.

Düngung der Wiesen 

Prinzipiell ist die Düngung CROSS-COMPLIANCE konform gemäß der Richtlinien für die sachgerechte Düngung (SGD 2006) vorzunehmen. Es wird hingewiesen, dass nur mit einer vollständigen sachgerechten Düngung und einem tadellosen Pflanzenbestand bestmögliche Erträge erreichbar sind. Eine Unterversorgung führt zu Ertragsverlusten und geringer Futterqualität. Die Vernachlässigung einer ordentlichen Düngung führt auch zur bedenklichen Zunahme von schwer bekämpfbaren Giftpflanzen und Unkräutern (Extensivierungszeigerpflanzen), wie die letzten Jahre zeigten. Die beste Düngerausnutzung gibt es nur bei gut kultivierten und optimal entwickelten Pflanzenbeständen Das Wissen über die verlustarme Düngerausbringung und über den Nährstoffbedarf sollte selbstverständlich sein.

Die beste Nährstoffausnutzung von Wirtschaftsdüngern wird dann erzielt, wenn 1/3 der Gesamt N-Menge als mineralische Stickstoffergänzung gegeben wird. Dieses Phänomen wird in der Pflanzenbauwissenschaft als Priming-Effekt bezeichnet. Der Effekt basiert wie bei einem Katalysator. Erst die Anwesenheit von Mineraldünger-N führt zur überproportionalen N-Freisetzung aus dem Wirtschaftsdünger. Durch die bessere Stickstoffverwertung braucht der Pflanzenbestand auch etwas wenig intensiv gedüngt werden. 







N-Bedarfswerte für gute Futterwiesen
in kg / Hektar

Ertragslage

mittelhoch
Dauerwiesen und Wechselwiesen
3 Schnitte kleereich100120
3 Schnitte gräserbetont120150
4 Schnitte kleereich120150
4 Schnitte gräserbetont160200
5 Schnitte gräserbetont200210
6 Schnitte gräserbetont-210
Mähweiden/Weiden
1 Schnitt+1bis2xWeide90-
2 Schnitte + 1 Weidegang110140
2 Schnitte+ ≥2 Weidegänge120170
Ganztagsweide (>12 Std.)100150
Kurztagsweide (>12 Std.)110150
Feldfutter
Kleebetont (Klee>40 Flächen%)4040
Gräserbetont180210
Gräserreinbestände200210

Für gutes Futter und beste Erträge sind diese in der Tabelle sachgerechten N-Mengen aus Wirtschafts- und Mineraldünger notwendig. Auch die empfohlenen Phosphor, Kali- und Kalkdüngemengen sind dazu erforderlich (SGD 2006). Die beste Düngerausnutzung und Rentabilität gibt es nur mit gut entwickelten Pflanzenbeständen.







Die besten Futtergräser und Kleearten
für ertragreiche Futterwiesen
FutterartAnteilsziel in Flächen-%Entscheidende
Futtereigenschaften
Knaulgrasca 40 %Extremer Horstgrastyp daher starke Neigung zur Lückigkeit, trockenresistent, extrem lange u. breite Blätter, ein Gras für alle produktiven Lagen bis ca 1000 m Seehöhe
Englisches Raygrasca 30 %Hochqualitatives Spitzengras, Horstgrastyp bei Schnittnutzung mit limitierter Ausdauer, muss bei Mähwiesen daher regelmäßig eingesät werden, als reines Weidegras langfristig dauerhaft
Goldhaferunter 20 %Bestwüchsiges, feines und recht ausdauerhaftes Gras in Berglagen und rauen Lagen, unter 20% kein Calzinose-Risiko
Glatthafer10 – 20%Hochwertiges Halmgras, Horstgrastyp, neuerdings sogar in 4-Schnittweisen bei Ansaat zunehmend auftretend. Bestwüchsig in warmen hängigen Südlagen der Berggebiete, auch rauen Lagen
Weißklee5 – 10 %Sehr guter Bodenbedecker und Eiweißlieferant, natürliche Kampfpflanze gegen Gemeine Rispe, verdrängt bei starker Ausbreitung über 20% auch die wertvolle Futtergräser
Rotklee5 – 10 %Ertragsreichste und hoch qualitative gut erntbare Mähleguminose für alle Bodentypen, als Tiefwurzler relativ trockenresistent. Ausdauer: limitiert auf 2-3 Jahre, zu hohe Anteile (>20%) können zu Kleekrebs führen









EINSAATMISCHUNGEN NACH HUMER 2014



je nach Lageund ProduktionsintensitätEMI2013-ertragsmischungen-2013-emi.jpg



Die Zusammensetzung dieser Einsaatmischungen beruht auf 30jährigen Praxiserfahrungen des Autors. Arten mit geringem Ertrag, langsamer Entwicklung oder wenig Konkurrenzkraft wie z.B. Rotschwingel sind in den Empfehlungen der LK NÖ für gute Lagen im Gegensatz zu ÖAG-Nachsaatmischungen nicht enthalten, weil die Zugabe jeder weiterer ertragsschwachen Art den Ertrag nur mindert. Zudem entfallen die teils auffällig höheren Saatgutkosten für jene Arten die niedrige Futtererträge liefern.







Arten- und Sortenwahl für intensives geführtes Grünland 

Je leistungsfähiger Futterwiesen sein sollen, um so individueller muss die Arten- und Sortenwahl für die Einsaatmischung erfolgen. Für leistungsstarke Wiesen ist daher künftig ein stärker ausgeprägtes Arten- und Sortenbewusstsein erforderlich, so wie es im Ackerbau selbstverständlich ist und schon lange überzeugend praktiziert wird. Fehlen die wertvollen Zuchtgräser in Futterwiesen vergibt man die Chance auf bessere Grundfutterleistungen. Artenreiche Blumenwiesen können den Anforderungen von intensiv geführtem Grünland für Hochleistungsbetriebe nicht gerecht werden. Blumenwiesen haben aber ihre ökologischen und ästhetischen Werte – meist auf weniger produktiven Lagen. Detailierte Sorteninfos sind verfügbar unter www.ages.at und www.oeag-gruenland.at



Nur die regelmäßige Einsaat verbessert Wiesen nachhaltig

Gebräuchliche Techniken der Wiesenverbesserung sind Schlitzsaat, Striegelsaat und Eggensaat mit Samenstreuer. Eigene Versuche in EDELHOF (2008 bis 2010) und vierjährige Schweizer Versuche (SAUTER 2013) zeigen, dass die Einsaattechnik für den Einsaaterfolg NICHT entscheidend ist. Einsaaten gelingen nur bei günstigen Wuchsfaktoren. Wenn es an Bodenfeuchte, Licht, Platz und Wurzelraum mangelt - also ein gutes Saatbett fehlt - kann sich keine Einsaat gut entwickeln. 

Damit erklärt sich auch der deutlich bessere Erfolg von regelmäßigen Einsaaten. Schließlich gibt es doch immer wieder auch günstigere Wuchsbedingungen. Die eigenen Erfahrungen in NÖ zeigen überzeugend, dass NUR die JÄHRLICH WIEDERHOLTE EINSAAT drei Jahre hintereinander eine markante Ertragsverbesserung mit einer außerodentlichen und wirklich sichtbar beeindruckenden Bestandesveränderung in Richtung eingesäter Gräser bringt. Erst die jährlich wiederholte Einsaatfrequenz mit 5-8 kg/ha verspricht den richtigen Futterschub (BUCHGRABER, Wintertagung 2012). Für bestes Futter geht man in der BRD schon so weit, dass bereits zu jedem Aufwuchs vor allem das Englische Raygras einsät, um es dauerhaft zu halten. Höhere Saatmengen bei Knaulgras und Engl. Raygras zeigen einen positiven Einfluss zur Steigerung dieser Gräser (PÖTSCH, 2012). Bei Futterwiesen mit 35-50%iger Lückigkeit werden 15 - 20 kg/ha Einsaatmischung empfohlen. Wer das Risiko einer ungünstigen Folgewitterung mindern will, sät nach meinen Empfehlungen 50% der Saatmenge im Frühjahr und den Rest sofort nach der Ernte, wenn reichlich offener Boden nach der Ernte vorhanden ist. Das ist bis zum August möglich. Das treffendste Schlagwort dass man sich für erfolgreiche Einsaaten einfach merken sollte ist: GEDULDIGE WIEDERHOLUNG !

Viele Wiesen haben ein Dauerproblem mit der Lückigkeit der Narbe. Die regelmäßige Einsaat in geduldiger Wiederholung kann dieses Problem lösen. Damit braucht man auch nicht auf die viel weniger produktiven rasenbildenden Gräser Wiesenrispe und Rotschwingel zurückgreifen.



Zusammenfassung



Leistungsstarke Futterwiesen mit bester Futterqualität erfordern eine intensive Beschäftigung mit dem Pflanzenbestand. Das A und O bildet dabei die eigenen Wiesen voll in Ertrag zu bringen und zu halten - mit hohen Anteilen an hoch ertragreichen Futtergräsern die Spitzenerträge, höchste Energiegehalte, minimale Bröckelverluste, rasches Anwachsen, frühe Erträge und Unkrautunterdrückung in sich vereinen. Für leistungsfähige Einsaaten ist ein ausgeprägtes Zuchtsortenbewusstsein notwendig. Das Striegeln und Einsäen hat im Frühjahr nach Bedarf zu erfolgen. Einsaaten sollten immer mit einer Erfolgskontrolle begleitet werden um zu wissen wie weit sich der Bestand verbessert hat. Die LK unterstützt Sie gerne persönlich mit Expertenwissen durch Beratungen zur Wiesenverbesserung. Wir beurteilen die Pflanzenbestandeszusammensetzung Ihrer Wiesen und erstellen dazu ein Verbesserungskonzept. Nutzen Sie dazu das LK-Expertenwissen mit den Projekten „lk Beratung“!

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