Freitag, 29. Juni 2018

Ersatzfutter bei Futternot und Sommerdürre

Ersatzfutter und klimatische Futterumstellung bei Futternot und Sommerdürre

DI. Johann HUMER

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Ratlosigkeit bei Futternot und Sommerdürre im Grünland
  • Eine klimatische Futterumstellung auf trockenrestente Gräser wie Glatthafer, sowie hitzeverträgliche Kleearten wie Luzerne wird bei Futternot und Sommerdürre immer offensichtlicher notwendiger.
  • Trockenheitsresistendere Gräser wie Glatthafer und tiefwurzelnde Luzerne können Trockenheit besser überwinden
  • Rotschwingel wie im Bild und in Einsaatmischungen ist dagegen keine gute Lösung



In ganz Österreich gab es im Mai und Juni 2017 um 50 % weniger Niederschläge. Im nördlichen Ober- und Niederösterreich blieb der Regen fast ganz aus. Bei extremer Trockenheit - verbunden mit bisher nie da gewesenen Hitzetagen bis 35 °C - stellen die nicht tief wurzelnden Wiesengräser das Wachstum ein. Ein völliger Futterausfall und Folgeschäden in der Wiesennarbe sind die Folgen. Wenn Futter knapp wird, müssen früh Überlegungen zu Ersatzfutter, Sommerfutterbau und an eine Umstellung auf klimaangepasste Wiesengräser erfolgen.

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Quelle: im Bild

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Stroh und Getreide sichern

In klimatisch heißen Gebieten mit traditionell wenig Winterfutterbereitung ist bekannt, dass mit Stroh und Getreide das Vieh in Notzeiten durchgebracht werden kann. Die Sicherung von gutem Futterstroh wird heuer durch die Dürre kritisch. Viehlose Betriebe müssen in Jahren mit Futternot solidarisch sein, und bei dringender Strohnachfrage das Stroh ausnahmsweise nicht unbedingt einarbeiten.


Strohveredelung mit Melasse, Gerste, Hafer und Mais


Die höchstwertigen Stroharten als Notfutter sind in der Reihenfolge die Getreidearten: Hafer, Gerste, Weizen, Tritikale und Roggen. Mikrobiologisch ist gelbes Stroh, das nicht angeregnet wurde, ist das beste Stroh. Futterstroh soll möglichst gehäckselt werden, damit es leichter gefressen wird und die Strohverluste gering bleiben. Je weniger es staubt umso besser ist die Futterqualität.


Mit Melasse kann das Futterstroh veredelt werden. Dabei wird es besser fressfähig und der Staub gebunden. Stroh kann mit Getreidearten und Mais energetisch veredelt werden. Damit ist bei Futternot noch halbwegs Zuwachs oder Milchleistung erreichbar. Die wertvollsten Getreidearten für Notfutter sind Gerste und Hafer, da ihre Samenhülle auch wichtige Futterstruktureigenschaften aufweisen. Weizenschrot ist wegen zu schnellem Stärkeabbau und Azidosegefahr ungünstig. Geschrotet bringt Gerste oder Hafer bessere Tierleistungen als gequetschtes oder ganzes Korn. Körnermais ist durch langsamen Stärkeabbau ein ideales leistungssteigerndes Ersatzfutter. Erforderlich ist wie bei jeder Verfütterung von Getreide oder Mais eine 2 bis 3 wöchige Umstellungsphase mit anfänglich kleineren Mengen unbedingt einzuhalten, so wie das bei jeder Futterumstellung erfolgen soll. Das ist wegen der notwendigen mikrobiellen Anpassung der besonderen rohfaserverdauenden Magen- und Darmflora beim Vieh unbedingt erforderlich. Wer die Wiederkäuer mit zu schneller Futteränderung überfordert, läuft Gefahr schwere gesundheitlichen Schäden und Leistungseinbußen zu verursachen, die sogar bis zum Tod führen können. Das Überfressen mit Getreideschrot von dominierenden Alpha-Tieren am Futtertrog, die schwächere Tiere bei der Fütterung abdrängen, ist daher durch Beobachtung und geeignete Futterzuteilung zu verhindern.


Zusätzlicher Futterbau

Die heuer frühere Getreideernte ermöglicht einen früheren Zwischenfruchtfutterbau. Die Chance sollen Betriebe mit Ackerbau nützen um die zu erwartende Futternot zu lindern. Statistisch fallen die höchsten Monatsniederschläge im Juli bis August. Die heutigen Klimawandelmodelle deuten an, dass sich die Niederschläge tendenziell in die Wintermonate verschieben. Das Auftreten von immer mehr Hitzetagen über 30 °C und längeren Dürreperioden ist inzwischen auch in Österreich ein Faktum. Grünlandbauern sollen durch jährliche Einsaat im Sommer mit standörtlich angepassten Gräserarten die Wiesen für ein immer wärmeres Klima schrittweise verbessern. Die höchste Priorität muss dabei der gelungene erste Aufwuchs in Ertrag wie Qualität sein. In wärmeren Zeiten werden die Folgeaufwüchse qualitativ schlechter und ertraglich zunehmend unsicher.


Raschwüchsiges Zwischenfruchtfutter mit Sommerfutterraps und PERKO

Für gute Erträge ist die Erfahrung zu nutzen, dass nur der frühe Zwischenfruchtanbau nach der Getreideernte rasche Futter bringt. Ein ehernes Gesetz ist, dass die extrem raschwüchsigen Kreuzblütler Sommerfutterraps und PERKO PVH das früheste Zwischenfruchtgrünfutter innerhalb von 4 Wochen hervorbringen. Für einen guten Aufgang muß die Bodenfeuchte gut genutzt werden mittels rascher Bodenbearbeitung mit Rückverfestigung durch Walzen und einer Düngung vor der Saat. Ertragreiche Zwischenfrüchte brauchen eine Stickstoffgabe von 50 bis 70 kg N/ha. Optimal sind die kombinierte Gabe von Gülle und Mineraldünger-Stickstoff.


Landsberger Gemenge

enthält drei wärmeliebende und im Sommer rasch reifende Pflanzenarten. Der erste Schnitt bringt außergewöhnliche Spitzenerträge und wertvollstes Sommerfutter. Bei frühem Anbau, genug Feuchte und Wärme kann sogar ein zweiter Aufwuchs folgen. Inkarnatklee und Zottelwicke - die Wachstumsmotoren im ersten Aufwuchs - treiben im zweiten aber kaum nach. So bleibt fast nur Raygras übrig. Bei guter Stickstoffdüngung zeigt Raygras dennoch einen weiteren guten Ertrag. Für weitere Nutzungen im Folgejahr ist das Gemenge erschöpft. Das verbleibende Raygras bildet aber über den Winter einen sehr guten Boden- und Grundwasserschutz und speichert en Reststickstoff ideal für die Folgekultur. Hemmend für den Anbau von Landsberger Gemenge sind nur die Saatgutkosten, die die Leguminosen verursachen. Sie sind aber die Schubkräfte für den üppigen Futterwuchs.


Pachtflächen sichern

Eine weitere Art der Futtervorsorge ist die Suche von Pachtflächen zum Feldfutterbau. Wer besonders in von Dürre betroffenen Lagen liegt, könnte sich auch um Ackerflächen bemühen, auf denen Feldfutter mit Luzerne rein oder in Luzernegras- oder Kleegrasmischungen angebaut werden kann. Besonders Reinbestände von Luzerne bringen in Trockenlagen auch bei Dürre erstaunliche Erträge. Bei luzerne-schonender Bewirtschaftung ohne zu tiefer Mahd, kann Luzerne über 5 Jahre durchhalten.

Luzerne für sonnige Futterwiesen

Luzerne liebt besonders warme Lagen und wird durch die Erderwärmung bei uns immer mehr begünstigt. Wo immer es auf sonnigen Futterwiesen infolge Dürre immer weniger Gräserwuchs gibt, werden diese Standorte für Luzerne immer günstiger. In sonnigen Lagen mit halbwegs ackerfähigem Grünland und gut durchlässigen Böden hat die tief wurzelnde Luzerne gute Chancen ausdauernd zu bleiben. Luzerne braucht beim Anbau unbedingt eine gute Bodenbearbeitung, da sie jung keine Konkurrenz verträgt. Mit Grünland-Einsaattechnik auf bewachsenen Wiesen kommt sie nicht auf, wird einhellig berichtet. Für den Dauererfolg sind folgende Kriterien entscheidend: gut durchlässige Böden, Samenimpfung, pH-Wert über 6, Schnitthöhen über 10 cm und kein Befahren bei Nässe. So können Luzernebestände bis 10 Jahre ausdauern. Das zeigen Erfahrungen im Weinviertel und der Buckligen Welt, wo zunehmend trockenere Bedingungen vorherrschen. Der Luzerneanbau in dürregefärdeten Wiesen als Wiesenverbesserung mit Artenanpassung bei zunehmender Trockenheit und Dürreperioden zu verstehen.

Futtergräser für trockene Zeiten

Einige Wiesenpflanzen weisen durch den Wärmeanstieg bereits zunehmende Tendenz auf. So profitieren die wertvollen Arten Glatthafer (im Bild) 
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und Wiesenrotklee davon bereits auffällig. Auch Rohrschwingel und Trespen breiten sich in Ostösterreich zunehmend stärker aus. Wegen guter Trockenverträglichkeit werden Knaulgras, Wiesenrispe und Rotschwingel in Einsaat- und Wiesenmischungen schon lang beigemengt. Sie sind aber keine guten Ersatzgräser bei Trockenheit. Zuviel Knaulgras mit groben, rohfaserreichen Stängel im Wiesenfutter wirkt fresshemmend. Wiesenrispe bildet dichte Narben, ist in Saatgutmischungen trotz hoher Anteile von 10-50% in Trockenlagen kaum durchsetzungsfähig und sohin nicht ertragsrelevant. Englisches Raygras ist sogar im trockenen Ostösterreich viel durchsetzungsfähiger und ertragreicher als Wiesenrispe. Dem trockenveträglichen Rotschwingel fehlen gänzlich die Eigenschaften als gutes Rinder-Futtergras. Längere Hitze- UND Trockenperioden begünstigen zusehends die Ausbreitung minderwertiger Wiesenfutterpflanzen wie Schafgarbe, Labkräuter, Flockenblume, Spitzwegerich und Wiesenpippau. Ihre problematische Ausbreitung und schwierige Eindämmung darf nicht unterschätzt werden.


In Dürre anfälligen Lagen wird die Auswahl klimatisch angepasster Futtergräser immer bedeutender. Für eine betrieblich, individuell optimierte standörtliche Gräserartenwahl für Futterwiesen und Zwischenfrüchte wenden Sie sich an den Autor und Futterbauexperten DI. Johann HUMER, unter johann.humer@gmail.com.







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Wiesenrotklee und Englisches Raygras und geringe Anteile von Knaulgras auf Extensivwiese
unter Trockenzeiten in Ostösterreich 12.6.2017
20170612_150436 Wiesenrotklee und Englisches Raygras bei Trockenheit vor 1.Schnitt.jpg


Niederschlag Wien 2017 Mai u Juni kein Regen.jpg

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Hornklee auf Schotter


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Reine Glatthaferwiese - immer bessere Wüchsigkeit bei Trockenheit

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Bilder unten:2003aug25 Dürrefotos aus der Buckligen Welt,schwer leidende Wiesen durch Trockenheit und Dürre
Der Klimawandel hat da 2003 bereits als enorme Dürre seine Vorboten gezeigt. Jetzt 2017 sollten man spätestens daraus seine Konsequenzen ziehen und Überlegungen zur Umstellung dürregefährdeter Wiesen auf trockentolerante Wiesengräser anstellen.


Fotos unter
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2017jun29 
Ausbreitung von giftigem Jakobskreuzkraut durch Trockenheit im Waldviertel in Beispielen


JKK Fotos unter
https://goo.gl/photos/5Ufhnxf3vyXbAk256


2017jun29 
Trockene Wiesen im Waldviertel durch 2 Monat Dürre


https://goo.gl/photos/D8VnUyvi2Gg2M52Q6

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Pdf von Bauernzeitung 2017

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