Freitag, 29. Juni 2018

Misserfolg bei Wieseneinsaaten im Frühjahr

Erfolg und scheitern von Wieseneinsaaten im Frühjahr <-- als doc


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Wien, 16 März 2015
Der Fachbeitrag vom Experten für bessere Futterwiesen
Erfolg und scheitern von Wieseneinsaaten im Frühjahr
Autor:
Oberlandwirtschaftsrat i.R.
Dipl.-Ing. Johann HUMER,
Futterwiesenexperte mit über 30jähriger Erfahrung
Wieseneinsaaten im Frühjahr sollen lückige Grasnarben von Futterwiesen schließen und ihre volle Ertragsleistung sichern. Nur hochwertige Futtergräser und Kleearten können gute Futtererträge und die Spitzenleistungen unseres heutigen Zuchtviehes decken. Über den Winter geht erfahrungsgemäß immer ein Teil wertvoller Grasarten durch verschiedene Schadeinflüsse verloren, die im Frühjahr wieder durch Einsaaten ergänzt werden sollen. Ohne Ausbesserungsaaten geht der Jahresertrag schadhafter und lückiger Futterwiesen zunehmend zurück. Und in den Lücken breiten sich meist immer lästige Unkräuter wie Ampfer und Schadgräser wie Gemeine Rispe dadurch stärker aus. Gut wirtschaftende Landwirte überlassen die Lücken der Grasnarbe nicht der Selbstberasung durch Unkrautsamen oder Wurzelunkräutern. Der Beitrag zeigt Möglichkeiten aufgezeigt, wie im Frühjahr Futterwiesen wieder in vollen Ertrag gebracht werden können.
Mit dem Gräserführerschein „Spreu und Weizen“ in Futterwiesen erkennen
Grünlandbauern sollen ihre guten und schlechten Wiesenfutterpflanzen mit einem diagnostischen Blick spontan erkennen, um die „Spreu vom Weizen“ trennen zu können. Dazu habe ich in den letzten Jahren unter dem Namen „GRÄSERFÜHRERSCHEIN“ eine einfache Beratungsunterlage - frei und downloadbar - entwickelt. Mit dem GRÄSERFÜHRERSCHEIN lernen Sie unter Anleitung in Praxisseminaren die wichtigsten Futtergräser der Wirtschaftswiesen Grünland erkennen. Bei den Seminaren werden die wesentlichen Unterscheidungsmerkmale der Futtergräser und Grünlandpflanzen erklärt und besprochen. Dabei erfahren Sie auch den landwirtschaftlichen Zeigerwert, den Futterwert
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sowie das Ertragspotential, die Nutzbarkeit und die Ausdauer von Gräsern und Kleearten. Neuerdings muß auch auf die regional verschiedene Zunahme von Giftpflanzen, Neophyten und aggressiver Unkräuter wie Gemeine rispe und Riesenbärenklau aufmerksam gemacht werden. Dabei werden ihre Giftigkeit und die Möglichkeiten ihrer Eindämmung in Futterwiesen besprochen. Bei den Seminaren mit Wiesenbegehungen erfahren Sie auch die besondere ökologische Schutzwirkung der Grünlandvegetation im in der Kulturlandschaft. Dabei werden Sie auch befähigt, den Wert auch kleiner ökologisch wertvoller und schützenswerter Wiesenbiotope zu erkennen - als Lebensräume und Naturreservate schützenswerter Natur wie Trockenrasen oder Feuchtwiesen. in erster Linie findet man höhere Biodiversitäten wertvoller Pflanzenarten ohnedies meist nur auf nassen, ertragsschwachen und besonders steilen Wiesen wie Böschungen mit geringer Bonität wo keine guten energie- und ertragreichen Wiesenfutterpflanzen (Fettwiesen) wachsen.
In klimatisch und bodenbedingt ertragsfähigen Wiesenlagen gilt es, das genetische Ertragspotential der Futterwiesen mit unseren standörtlich am besten wachsenden Futtergräsern zu erkennen und gut zu nutzen. Wichtig ist gilt die qualitäts-und ertragsmindernden Ungräser zu erkennen, die sich unter den guten Futtergräsern leicht unbemerkt ausbreiten. In Österreich sind das: Gemeine Rispe, Wolliges Honiggras, Flechtstraußgras, Weiche Trespe, Rasenschmiele und Bürstling. Auch krautige Wiesen mit viel Ampfer, Hahnenfußarten, Doldenblütlern und Lückenfüllern wie Löwenzahn oder Giftpflanzen sind für das Vieh leistungshemmend. Seit Jahren breiten sich auffällig tödlichen Giftpflanzen wie Herbstzeitlose, Germer und Kreuzkräuter in Futterwiesen aus; gleichzeitig kommt es zur Abnahme guter Futtergräser. Das sind die Folgen und typische Indikatoren für jahrelangen Stillstand in Düngung, sachgerechter Pflege und Nutzung und das Fehlen eines regelmäßigen Samennachschubes hochwertiger Futtergräser.
Viele wirtschaftlich vernachlässigte Wiesen liefern nur einen Bruchteil ihrer natürlichen Ertragsfähigkeit. Der laufende Rückgang guter Futtergräser und die Zunahme von Unkräutern mindern unausweichlich den Futterwert von Wiesen. Neu angelegte Futterwiesen bringen Trockenmasseerträge um 12 t TM /ha, wie mehrfach Versuche zeigen. Ohne hohem Anteil guter Futtergräser sinkt der Viehfuttertrag langjährig evident auf sogar unter die Hälfte des Ausgangsertrages. Die Ursache ist die mit der Zeit nachlassende Ertragskraft guter Futtergräser. Beim Feldfutter und Wechselwiesen gilt das Gleiche - nämlich die stille Ausbreitung ertragsschwacher und den Schwund wertvoller Wiesenpflanzen. Dort kann man es vor den Augen in 2 bis 3 Jahren im Zeitraffertempo sehen. Erfolgreiche Milchviehzüchter wissen es: Nur beste Genetik bringt beim Zuchtvieh bessere Leistungen. Das gleiche gilt auch im Anbau von Futterwiesen: nur die Genetik besserer und neuer junger Zuchtgräser führt zur Spitze in Ertrag und Qualität - nicht Kräuter oder Wildpflanzen.
Ursachen des Rückganges guter Futtergräser
Die Hauptursache für die zunehmende Ertragsschwäche von Dauermähwiesen ist das schleichende Verschwinden guter Massengräser wie Knaulgras, Englisches Raygras und Glatthafer bei gleichzeitiger Ausbreitung weniger wertvoller Wiesenpflanzen. Der Grund dafür ist sicher der derzeit immer noch früher werdende und häufigere Silageschnitt. Teils wird in Gunstlagen schon vor dem Mai zwecks möglichst hoher Energiegehalte gemäht. Auch in Niederösterreich werden immer mehr Wiesen 5-mal gemäht und es gibt auch schon 7-Schnittwiesen. Jedem Grünlandwirt leuchtet ein, dass der immer frühere Schnittzeitpunkt und die immer öftere Mahd die Lebenskraft der Gräser entsprechend früher verbraucht. Den besten Beweis liefern hoch ertragsreiche Wechselwiesen oder das Feldfutter mit stetigem Ertragsrückgang im Laufe ihrer Lebenszeit. Stark betroffen sind beim Ertragsrückgang die spätblühenden und horstbildenden Obergräser mit Massenertrag. Der frühe Schnitt nimmt ihnen die natürliche Vermehrungsmöglichkeit und die Reservestoffeinlagerung in den Wurzelstock. In der Folge treten in den entstehenden Lücken oft sehr anpassungsfähige niedrigwüchsige, qualitätsmindernde Ungräser und Unkräuter auf. Wer bei immer früherer Wiesenmahd die Wieseneinsaat unterlässt, muss sowie bei Monokulturen, mit immer geringeren Erträgen rechnen.
Wie kann der Mineralstoffgehalt von Dauerwiesenfutter gesteigert werden?
Noch viel zu wenig bekannt ist auch, dass die Wurzeln alter Graspflanzen nämlich mit zunehmenden Alter immer weniger Nährstoffe aufnehmen können. Das sieht man eindrucksvoll am viel geringeren Mineralstoffgehalt der Gräser alter Wiesen im Vergleich zu jungen Saaten. Die Futteranalyse der Mineralstoffgehalte des Grases (aber nicht der Kräuter!) ausgelichteter Futterwiesen ist ein ganz
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einfach funktionierender Alarmzeiger für alte ausgedünnte Wiesen und mineral- und nährstoffarmes Futter. Nur mit jungen und immer wieder neu gesäten Gräsern lässt sich hochwertiges, mineralstoffreiches und energiereiches Futter schaffen.
Wann sind Wieseneinsaaten im Frühjahr wichtig und nützlich?
Wichtig sind Wieseneinsaaten im Frühjahr dann, wenn Wiesen verletzte und damit stark geöffnete Grasnarben haben. Zahlreiche Gründe, warum Wiesen jährlich und immer wieder ausgebessert werden müssen sind, wenn natürliche Schädlinge wie Maulwürfe, Engerlinge, Schnakenlarven oder Wild die Grasnarbe zerstörten.
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Durch Engerlinge großflächig und schwer geschädigte südhängige Mähweide am 29. März 2004 in Petersberg in NÖ. Flächenhaftes Absterben der Grasnarbe, weil Engerlinge die Wurzeln der Gräser frassen. Durch die sofortige Wieseneinsaat und Düngung lieferte die Wiese bereits im Sommer wieder wertvolles junges Futter.


Aufgang und Wuchs der jungen und wüchsigen feinen Grasarten (hier Rotschwingel und Hornklee) nach Düngung und Wieseneinsaat in Petersberg am 23.6.2004 nach massiven Engerlingsschäden.
Raschwüchsige Lückenfüllmischung zur Lückenbegrünung im Frühjahr
Bei mechanischen Verletzungen der Grasnarbe durch Fahrspuren, Erntegeräte, temporäre Lagerplätze wie zB für Holz, Silo oder Wirtschaftsdünger, sowie die Narbenaufwühlung durch Wild, muß der Boden sofort wieder begrünt werden. Eine solche schnellwüchsige und andauernde Mischung für die Lückenbegrünung kann selbst hergestellt werden: Für die raschwüchsige Lückenfüllmischung - die man auch immer nach einer Ampferbekämpfung, wo besonders große Lücken entstehen, einsetzen soll - vermischt man einen Teil Englisches Raygras (oder notfalls eine Feldfuttermischung) mit einem Teil Dauerwiesenmischung A,B,C oder D als langfristig wirksame Komponente.
Im Frühjahr kommt es auch durch Auswinterung und durch die natürliche Alterung der Narbe durch Erschöpfung bei hohen Erträgen zum Rückgang und Absterben wertvoller Futtergräser kommen, der zum weiteren Ertragsabfall führt. Sichtbare Lücken im Bestand sind immer sobald als möglich zu besämen. Ansonsten breiten sich in den Lücken bevorzugt unerwünschte Arten aus. Schon wenn handgroße Lücken bestehen, ist bereits eine Begrünung der Lücken angebracht. Der Rückgang wertvoller Futtergräser und damit verbundene Ertragsabfall kann nur durch den ständigen Saatgutnachschub ausgeglichen werden.
Mein Universitätslehrer für Grünlandwirtschaft, Dr. SCHECHTNER hat für die gute fachliche Praxis diesen einprägsamen Fachbegriff als Gedankenstütze eingeführt: Wiesen brauchen eine
„Einsaat in geduldiger Wiederholung“.
Bereits SCHECHTNER hat erkannt, dass die Ertragskraft der Futterwiesen nur durch Regeneration, also durch ständige und geduldige Begrünung der lückigen Grasnarben mittels Einsaat hochwertigen
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Wiesensaatgutes erhalten werden können. Bei der früheren weit verbreiteten üblichen EGART- Bewirtschaftung der Wiesen, wurde die gute Wuchskraft junger und neu keimender Gräser genutzt. Dadurch war es auch bei guten Bergwiesen ohne Mineraldünger und ohne Wiesensaatgut durchzukommen. Mit einer rotierenden Fruchtfolge aus: zwei Jahre Egart (damalige Bezeichnung für Wiesen) und ein Brachejahr zur Regeneration - dann ein Hackfruchtjahr mit Kartoffel und - ein Sommergetreidejahr mit Kleegrasuntersaat oder - folgender Selbstberasung der Wiesen aus der natürlichen Samenbank der Böden. Gute Dauerwiesen sind nur möglich, wenn ein regelmäßiger und hochwertiger Samennachschub durch Saatgut erfolgt. Erst diese Schubumkehr führt wieder in die Richtung ertragreicher Wiesen mit dichten Grasnarben.
Nur der Einsatz von Saatgut mit neuer Genetik - führt genauso wie im Kuhstall – zu leistungsstarken Futterwiesen.
Der natürlichste Weg zu höheren Mineralstoffgehalten von Wiesengras und zu einer jungen, dichten Grasnarbe zu kommen, sind neue jung keimende Gräser. Die dichte Narbe verhindert auf natürlichem Weg die Ausbreitung unerwünschter Verunkrautung. Die innere Natur vieler Gräser tendiert aber zu aufgelockerten Wiesennarben. Damit wird auch ein Freiraum für Symbiosen zB mit Kleearten oder Vögeln geschaffen. Eine lückige Vegetation ist auch für Vogelarten wie Baum-, Höhlen- oder Gebüschbrüter notwendig damit sie Nahrung finden können. Die punktuelle Reparatur größerer verletzter Wiesennarben sollte vom Frühjahr an und auch nach jeder Ernte eine Selbstverständlichkeit sein. Solange Lückenfüller wie Löwenzahn offenen Boden in den Wiesen besetzen können und Wiesen gelbfarbig überziehen, ist dringend ein Regenerationsbedarf bei Wiesen mit leistungsfähigen Gräsern gegeben. Erst wenn Futterwiesen im Frühjahr mit einem saftigen grasgrünen Teppich aus jungen Futtergräsern überzogen sind, ist das Ziel bester und hochleistenden Futterwiesen erreicht.
Für langjährigen hochwertigen Futterproduktion, ist daher oft ein jähriger bzw. mehrjähriger regelmäßiger Samennachschub notwendig. Um die regional und standörtlich besten und wuchsfreudigsten Futtergräser fördern zu können, ist Voraussetzung sie spontan zu erkennen. Erst dann kann man sicher entscheiden, was in einem wertvollen Futterwieseninventar fehlt. Daher erkennen gute Grünlandwirte ihre Wiesenpflanzen und Wissen über ihre Eigenschaften und Ansprüche Bescheid. Dazu gelangt man nur durch besseres Wissen wie Seminare und Wiesenbegehungen. ZB mit meinen GRÄSERFÜHRERSCHEIN-Crash Kurs zum Erkennen und Bestimmen von Wiesenfutterpflanzen.
Technik der Frühjahreseinsaat
Im Frühjahr führt man die Wieseneinsaat schlagkräftig in Verbindung mit dem Abschleppen und Wieseneggen und einem aufgebauten Kleinsamenstreuer durch. Gewöhnlich gibt es im Frühjahr genug Bodenfeuchte und viel Tau für einen hohen Aufgang der Saat. Bei Trockenheit ist ein Anwalzen der Saat angebracht. Allerdings habe ich auch schon sehr trockene Frühjahre erlebt, wo der Aufgang der Saat in der Wiesenaltnarbe so gut wie erfolglos war. Weil bei Trockenheit immer das Risiko des mangelnden Aufgangs besteht, rate ich zur Risikoteilung. Erfolg versprechend ist die regelmäßige Frühjahresübersaat mit 10 kg/ha Saatgutmischung beim Wieseneggen.
Im Sommer, um den August, rate ich zusätzlich zur Sommerübersaat mit ebenfalls 10 kg/ha, unmittelbar nach der Ernte, da der Boden am ehesten offen ist und am wenigsten dicht bewachsen ist. Das Saatgut würde ich noch vor oder gemeinsam mit der Gülleausbringung bevorzugt mit einem Kleinsamenstreuer ausbringen. Bei der Risikoteilung durch die anfangs zuerst jährliche von mir empfohlene kombinierte Frühjahres- und Sommersaat besitzt der Boden für spontan günstige Keimbedingungen ein frisches Samendepot.
Alle mir zugänglichen sauber dokumentierten und wissenschaftlich publizierten Einsaatversuche, einschließlich auch aller eigenen Praxis-Einsaatversuche zeigen, dass die untersuchten Sägeräte keinen klar überlegenen Einfluß auf den Einsaaterfolg haben. Dr. Karl Buchgraber von der alpenländischen Grünlandversuchsanstalt in Gumpenstein propagiert dagegen offensiv gewisse Starkstriegel für Wieseneinsaaten – leider aber ohne mir vorliegender dokumentierter und publizierter Vergleiche in wissenschaftlich üblichen mehrjährigen abgesicherten Einsaatversuchen.
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Risikoteilung durch Boden Samenbank mit Frühjahres- und Sommereinsaaaten
Je öfter Wiesen eingesät werden, umso eher fällt Samen auf offenen Boden und kann keimen. Mit der geduldig wiederholten Saat baut sich außerdem eine akute Samenbank gesäter und noch ungekeimter Samen im Boden auf. Der Boden fungiert bekanntlich als eine besondere Samenbank einerseits für alle Samenunkräuter und andererseits ist der Boden auch ein unerschöpflicher Samenspeicher für beinahe alle Arten. Man denke an den riesigen Samenvorrat die der Ampfer oder andere Unkräuter in vielen Wiesenböden haben. Wenn keine günstigen Keim- und Wachstumsbedingungen herrschen, besteht mit der Samenbank die Chance, dass ein Teil der nicht gekeimten Gräsersamen auch noch Monate bis Jahre nach der Saat keimen, so wie das bei vielen Unkrautarten der Fall ist. Dieses Besonderheit nutzt man auch bei der SCHLAFSAAT, wo im Herbst oder teils sogar erst auf Schnee gesät wird. Die Keimung erfolgt dann erst bei passender Witterung. Die regelmäßige wiederholte Saat hat daher eine so hohe Bedeutung, weil in bestimmten Gebieten in der Regel mit einer einzigen Saat bei bewachsenen Wiesen selten ein guter Aufgang gelingt. Den Schlüssel für erfolgreiche Einsaaten halte ich deshalb in der jährlich wiederholten Einsaat, so wie es neuerdings deutsche Experten sogar bei Raygräsern raten. Sogar nach jedem Aufwuchs wird dort nachgesät, um die maximal möglichen Futtererträge zu erreichen. Der Rückgang an Raygras wird dadurch ausgeglichen.
Wiesenneuanlage im Frühjahr als Ausnahme
Die Neuanlage von Futterwiesen kommt im Frühjahr nur in besonderen Fällen in Frage. Und zwar dann, wenn ein Totalausfall der Wiese erfolgte. Erfahrungsgemäß kann das sein, wenn ein großflächiger Befall durch Engerlinge, Mäuse oder Auswinterung vorliegt. In diesem Fall wird kräftig geeggt, bricht um oder sät in einem Zug mit dem Rototiller wieder neu an. Bei einem starken Engerlingsbefall mit Dutzenden Larven je m2, müssen für einen Erfolg meist mehrere wühlende Bodenbearbeitungen mit mehreren Grubbergängen gemacht werden, um möglichst viele Larven und Eigelege der Engerlinge nachhaltig zu stören.
Schlitzdrillsaaten oder Striegel-Einsaaten sind im Frühjahr zumeist ohne wirtschaftlichen Ertragswirkung
Es liegen dem Autor folgende wissenschaftsbasierten Wieseneinsaatversuche vor: SCHECHTNER (1983, Schlitzdrillsaat), PÖTSCH (2012, Schlitzeinsaat, Einsaatstriegel) und SUTER et al (2013, Grünlandstriegel, Vertikutierer, Belüfter, Wiesenegge). Allen diesen Einsaatversuchen ist auffällig gemeinsam: die Einsaatwirkung war mit den angeführten Einsaatechniken im Frühjahr entweder: so gut wie kaum, nicht, minimal oder sogar etwas schlechter als gar keine Einsaat. Es ist sicher kein Zufall, daß in allen diesen Versuchen keine klar eindeutige Ertragsverbesserung erkennbar war. Es gibt also viele Gründe, warum die Frühjahreseinsaaten, im KLARTEXT gesprochen, erfolglos und ohne wirtschaftlicher Ertragsverbesserung sind.
Gründe für das Versagen von Frühjahreseinsaaten
Das Versagen von Frühjahreseinsaaten ist mehrfach begründbar: Im Frühjahr ist die Konkurrenz und Unterdrückung der viel schneller wachsenden Altnarbe auf die junge und sehr licht- und wasserbedürftige Einsaat bis in den Sommer hinein um ein Vielfaches grösser. Nur im Sommer hat die Altnarbe einen schwächeren Aufwuchs. Das tiefere und größere Wurzelsystem der Altnarbe nimmt im Frühjahr der jungen Saat viel Wasser, Nährstoffe und Lebensraum weg. Weitere Widersacher der jungen Saat sind in zahlreichen Böden lebende Schädlinge und Wurzelparasiten. Es gibt auch allelopathische keimhemmende Wurzelexsudate der Altnarbe, die die jung gesäten Keimlinge der
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wüchsigsten Saatgräser hemmen oder gar dezimieren. Keimung und Aufkommen der jungen Saat ist daher im Frühjahr sehr behindert. Bei einem minimalem Wuchs der jungen Saat im kalten Frühjahr muss mit einer starken unkalkulierbaren Dezimierung von Saatgut und Keimlingen durch Schädlinge im Boden gerechnet werden. Andererseits vertrocknen die jungen Sämlinge bei anhaltender Frühjahrestrockenheit leicht und sind damit auch für die Samenbank verloren.
Botanische und ertragliche Wirkung von Frühjahreseinsaaten und Nachsaaten in Exaktversuchen der alpenländischen Grünlandversuchsanstalt in Gumpenstein
Abbildung 1 zeigt den wissenschaftlich untersuchten Einsaaterfolg beim Timothegras in den Einsaatversuchsblöcken Gumpenstein und Piber von 2005 bis 2010 (PÖTSCH, 2012). Dargestellt ist, wie sich der 15%ige bzw. 20%ige Timotheanteil der ÖAG-Saatgutmischungen NA und NI entwickelte. Die Einsaat erfolgte immer nur im Frühjahr mit der Saatmenge von 15kg/ha. Das bekanntlich konkurrenzschwache Gras Timothe führte im Mittel statt einer Zunahme unverständlicherweise zu einer Abnahme um 0,1%, bei einem bereits schon sehr geringen mittleren Ausgangsbestand von nur 1,43% Timothe auf der Fläche. Wer über Timothe gut informiert ist weiß, dass einzelne Timothepflanzen nur sehr konkurrenzschwach sind. Daher ist auch klar, dass es sich wie der Wiesenschwingel in dichten wüchsigen Wiesen nicht durchsetzen kann. Nur wenn Timothe in flächenhaft dicht und eng, steif aufrecht und auffällig hellgrüneren Büscheln fleckweise stark dominierend auftritt, vermag es durch das extreme Geflecht kurzer Stolonenwurzeln die anderen Wiesenpflanzen zu verdrängen. Dann wird Timothegras zum flächenhaften beherrschenden Dominator meist schattiger und feuchterer Wiesenböden oder trockener Wegraine, aber auch dort nur, wenn spät also erst im Juni oder Juli gemäht wird.
Die Kosten für das Timothe-Saatgut im obigen Einsaatversuch an den Orten Gumpenstein und Piber – also nicht nur in Niederösterreich – zeigen den nutzlosen Aufwand für Ertrag und Biodiversität, wie ich das schon wiederholt vor den Gumpensteiner Grünlandexperten aufgezeigt und kritisiert habe. Dr. Karl Buchgraber von der alpenländischen Grünlandversuchsanstalt in Gumpenstein begründet aber die Timothe-Beimischung als Beitrag zur Biodiversität von Wiesen. Leider nur auf Glaubensbasis und nicht auf Wissensbasis. Andere kaum besser wüchsigen Arten in Nachsaatmischungen, wie Wiesenschwingel, Rotschwingel, Luzerne und teils Wiesenrispe, die man im Saatgut findet, ich aber nicht entsprechend im Futter neu eingesäter Wiesen sah, bezeichnet Buchgraber mir gegenüber als biodiversitätsfördernde Maßnahme und mit dem schwachen Argument des Gießkannenprinzips, weil sie manchmal vielleicht doch wo in Österreich anwachsen könnten.
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Abbilung 1: Der Versuch zeigt die untaugliche Effizienz der Frühjahres-Einsaat von Timothe bei einmaliger und dreimaliger Frühjahreseinsaat mit 15 kg/ha ÖAG-Nachsaatmischungen NI und NIK des Wiesenverbesserungsversuchs von PÖTSCH (2012) in Gumpenstein und Piber. Die Median-Werte unter dem Mittelwert zeigen, dass mehr Versuchsvarianten unter als über dem Mittelwert lagen. Grafik: HUMER
Bei der Nutzungssteigerung von drei- auf vier Schnitte nahm Timothe immerhin gering um 0,1% zu. Erfolgt die Nachsaatwiederholung in 6 Jahren im 2-Jahrestakt, nimmt der Timotheanteil auch immerhin minimal um 0,1% zu. Durch die inzwischen bekanntlich viel weniger wirksame Frühjahreseinsaat und weil nicht im Ein-Jahresabstand nachgesät wurde, ergab sich bei Timothe vermutlich nur diese minimale Steigerungsrate. Zumindest ist angedeutet - öfter säen bringt mehr. Es bestätigt sich hier auch meine Erfahrung, dass Timothe als extrem spätreifes Gras durch Lichtmangel bei langsamer Jugendentwicklung gar keine guten Ausgangschancen für Einsaaterfolge hat. Diese 6jährigen Ergebnisse mit extrem schlechter Einsaatwirkung bei Timothe stehen völlig im Widerspruch zu den euphorischen ÖAG-Nachsaatempfehlungen von Buchgraber für Mischungen mit Timothe und seiner bevorzugten Timothesorte TILLER. Auch die weitere Erhöhung um 12% von Timothe in der Saatmischung verbessert den Timotheanteil erwartungsgemäß nicht. Das zeigen die Wiesenverbesserungsversuche in der Buckligen Welt in NÖ von KODYM von 2004 -2007, wie folgende Darstellung belegt.
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Abbilung 1b: zeigt den bereits geringen und laufend schwindenden Anteil von Timothe von unter 5% bei Wiesenverbesserungsversuchen im Grünlandprojekt der BBK Neunkirchen in NÖ von KODYM (2007). Dabei hatten die Wiesenmischungen einen Timotheanteil von 10% bzw. 22% bei einer TILLER-Zugabe von 12% um das Timothegras zu forcieren.
Der schlechte Aufgang bei Timothe-Einsaaten gilt nach meinen Erfahrungen im Wesentlichen auch für Wiesenschwingel, Rotschwingel und Luzerne in Nachsaatmischungen. Die angesprochene sehr schlechte Wirkungseffizienz der vorher genannten Gräser in ÖAG-Nachsaatmischungen, steht im klaren Widerspruch zu den immer wiederholten enorm propagierten und gelobten Wirkungen in Vorträgen und ÖAG-Broschüren der Gumpensteiner ÖAG-Grünlandexperten unter der Leitung von BUCHGRABER. Die unbefriedigende Wirkung von Einsaaten spiegelt sich bei mir in den vielen negativen Rückmeldungen und auch bei meinen eigenen Landwirtebefragungen bei Wiesenbegehungen. Die schlechte Einsaatwirkung bestätigt auch der deutsche Grünlandexperte Dr. Martin ELSÄßER. Er schreibt 2009: „Bei Nachsaaten wird häufig eine wirkungslose Übersaat vorgenommen.“ Auch in der Schweiz konnte SUTER et al (2013) in Einsaatversuchen mit allen untersuchen Geräten vom Grünlandstriegel, Vertikutierer, Belüfter bis zur Wiesenegge bei Frühjahreseinsaaten in 4 Beobachtungsjahren keine nachhaltige wirtschaftliche Ertragsverbesserung mit über 1t TM/ha feststellen. Der Wieseneinsaatstriegel schnitt in Frühjahr im Mittel sogar etwas schlechter ab als gar keine Einsaat. Das wissenschaftlich untersuchten Fakten, die fundiert sind. Nur die Gründe wurden noch nie nachgegangen, warum solche Frühjahreseinsaaten keinen rechten Erfolg haben.
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Unklare Einsaatertragseffekte im Vierschnittblock des Grünlandemeuerungsversuchs Gumpensein 2005-2010.
Einsaat-Gerät Einsaatmischung
kg TM/ha +/- % Einsaateffekt +/- kgTM/ha Schlitzdrillgerät NiK 1 x eingesät 11.103 -1% -115 Kombistriegel NiK 2 x eingesät 11.139 -1% -80 Schlitzdrillgerät Ka 2 x eingesät 11.212 0% -7
Kontrolle ohne Einsaat
11.219 0% 0 Kombistriegel NiK 1 x eingesät 11.231 0% 12 Kombistriegel Ni 2 x eingesät 11.261 0% 42 Kombistriegel Ni 1 x eingesät 11.279 1% 60 Kombistriegel Ka 2 x eingesät 11.427 2% 209 Schlitzdrillgerät NiK 2 x eingesät 11.491 2% 272 Schlitzdrillgerät Ka 1 x eingesät 11.513 3% 294 Schlitzdrillgerät Ni 2 x eingesät 11.523 3% 305 Kombistriegel Ka 1 x eingesät 11.629 4% 410 Schlitzdrillgerät Ni 1 x eingesät 11.711 4% 492
Abbildung 2 zeigt den Mehr – oder Minderertrag von 12 Einsaatvarianten der 6 Versuchsjahre vom Vierschnittblock Gumpenstein des Einsaatversuches Gumpenstein/Piber 2005-2010, (PÖTSCH, 2012). Grafik: HUMER
Sechs der schwächsten 12 Einsaatvarianten verursachen beim TM-Ertrag nur marginale Ertragsänderungen und tendenzielle Mindererträge bis 100 kg TM/ha (siehe dazu die oberen Hälfte der Balkengrafiktabelle). Auch die besten 6 Varianten liefern nur geringe Mehrerträge von 200-500 kg TM/ha (siehe dazu die unteren Hälfte der Balkengrafiktabelle). Wirtschaftlich signifikant sind aber erst Mehrerträge ab etwa 1000 kg TM/ha.
Überaus zusammenhanglos und unklar erscheinen die Mehr- bzw Mindererträge im Grünlandemeuerungsversuch Gumpenstein. Welches Einsaatsystem bei Sägerät und Saatmischung nun eindeutig klar überlegene Ertragswirkungen bringt, ist eher zusammenhangslos und scheint mehr von Zufällen abzuhängen. Der Versuch zeigt keine klaren Unterschiede welches Einsaatgerät oder welche Mischung zuverlässig besser ist oder ob man mit ein- oder mehrmaliger Einsaat besser fährt. Es fällt nur auf, daß das Schlitzdrillsägerät und die Kampfmischung Ka (mit Knaulgras und Englischem Raygras 1:1) zur Gruppe der eher höheren Mehrerträge tendiert, aber auch nicht durchgängig. Buchgraber disqualifiziert aber die Erfolgsdauer der Kampfmischung mit nur 2-3 Jahren Erfolgsdauer in seinen Lehrunterlagen, im Widerspruch was dieser Exaktversuch zeigt. In Abbildung 3 sticht die Kampfmischung vielmehr durch mehrere Ertragsausschläge nach oben im zweiten, dritten und sechsten Jahr mit Mehrerträgen von +10% hervor. Diese disqualifizierenden Aussagen dürften also nur Vermutungen und nicht evidenzbasierte Wissenschaft sein.
Im Widerspruch zu diesen Exaktversuchen propagiert Buchgraber aber seit Jahren in seinen Vorträgen und Artikeln folgende Linie: Buchgraber propagiert zB in Maschinenringen nur einen bestimmten Einsaatstriegel (GÜTTLER) und die zuverlässige Überlegenheit seiner ÖAG-Nachsaatmischungen mit 10-15 Jahren Erfolgsdauer. Seit 1991, hat Buchgraber laut eigener Aussagen auf tausenden Hektaren Einsaatversuche samt Futteruntersuchungen dazu bei Bauern durchgeführt. Von seinen 24 Jahre langen Beobachtungen sind mir und dem österreichischen Fachpublikum von diesem riesigen Fundus an Informationen weder langjährige Ergebnisauswertungen noch daraus entstandene national oder international fachwissenschaftliche zitierbare Publikationen bekannt. Das betrifft die evidenzbasierte Wissenschaftlichkeit der Begründung der als überlegen propagierten Sätechnik mit bestimmten Starkstriegeln. Aber es liegen auch bislang keine authentischen und üblich statistisch fachwissenschaftlich abgesicherten Beweismaterialien vor, was die bislang inzwischen langjährig

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https://de.slideshare.net/JohannHumer/wieseneinsaaten-im-fruehjahr



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